Kriegsgefangen-Mannschafts-Stammlager (Stalag) X B


Im Sommer 1939, noch vor Beginn des Zweiten Weltkriegs wurde entschieden, dass in der Nähe des Dorfes Sandbostel bei Bremervörde das zunächst zentrale Kriegsgefangenenlager für den Wehrkreis X errichtet werden sollte. Im September 1939 begann der Aufbau des Lagers zwischen dem Ort und einem 1932 im Teufelsmoor errichteten und 1933 vom nationalsozialistischen Arbeitsdienst übernommenen Barackenlager. Das aufgegebene Reichsarbeitsdienstlager wurde als Unterkunftslager für die  Wachmannschaften der Wehrmacht genutzt.

 

Die ersten massiven Unterkunfts- und Funktionsbaracken sind zunächst von örtlichen Handwerkern, später von den Kriegsgefangenen selbst erbaut worden.

Zum Lagerstandort gehörte neben dem Stalag und dem Wachmannschaftenlager ein großes Krankenhaus für Kriegsgefangene, sowie ein aus zwei Bracken bestehendes Straflager im Moor.

 

Eingangsbereich in das Stalag X B. Foto: unbekannt (Wehrmachtsaufnahme), nicht datiert. Privatbesitz
Eingangsbereich in das Stalag X B. Foto: unbekannt (Wehrmachtsaufnahme), nicht datiert. Privatbesitz

Das Lager war zunächst zur Unterbringung von 10.000 Kriegsgefangenen vorgesehen. In Vorbereitung des so genannten "Westfeldzuges", des Überfalls auf Belgien, die Niederlande und Frankreich erweiterte die Wehrmacht die Kapazitäten durch zusätzlich aufgestellte Holzbaracken auf 30.000 Kriegsgefangene.

 

1942 gab es über 150 Unterkunfts- und Funktionsbaracken wie Latrinen, Lagerküchen, Desinfektion, Gefängnisbaracken, Werkstätten und Lagerräume und die Kommandantur.

 

Anders als es der Name vermuten lässt, handelte es sich bei dem Stalag nicht um ein Lager, sondern um einen Lagerkomplex, der aus vier Teilen bestand:

  • dem Kriegsgefangenen-Mannschafts-Stammlager (Stalag), in dem Mannschaftdienstgrade aus den eroberten Gebieten untergebracht waren,
  • einem Offizierslager (Oflag) in dem Offiziersdienstgrade untergebracht waren. Die Offiziere wurden 1941 in andere Offizierslager verlegt,
  • einem Marinelager (Marlag) in dem unter Verwaltung der deutschen Kriegsmarine britische Marinesoldaten und Offiziere untergebracht waren. Dieser Teil des Lagers wurde ab Herbst 1941 in das benachbarte Westertimke verlegt und
  • einem Internierungslager (Ilag) für Zivilistinnen und Zivilisten, wie beispielsweise Seemänner und Passagiere, die von der deutschen Kriegsmarine auf feindlichen Handelsschiffen gefangen worden waren. Auch dieser Lagerteil wurde ab 1941 nach Westertimke umgesetzt.
Unterkunftsbaracken an der Lagerstraße. Foto: Fritz Brandt, nicht datiert.
Unterkunftsbaracken an der Lagerstraße. Foto: Fritz Brandt, nicht datiert.

Ab Herbst 1941 wurden Lagerbereiche verlegt und das Stalag umstrukturiert, um Kapazitäten für die Unterbringung sowjetischer Kriegsgefangener zu schaffen. Nach einer Umstrukturierung der Arbeitsamtsbezirke verwaltete das Stalag X B Sandbostel zeitgleich bis zu 650 Arbeitskommandos zwischen Elbe und Weser. Nahezu in allen Dörfern des Elbe-Weser-Dreiecks waren Kriegsgefangene zur Arbeit eingesetzt. Die meisten mussten in der Landwirtschaft arbeiten, es wurden aber auch Kriegsgefangene entgegen der Genfer Konvention in der Rüstungsproduktion eingesetzt, sowie bei militärischen Bauprojekten (z.B. Bunker Valentin). Andere Arbeitsstätten waren der Torfabbau, die Forstwirtschaft und das Handwerk.

 

Wenige Wochen vor Kriegsende kamen in das Kriegsgefangenenlager Sandbostel auch etwa 9.500 Häftlinge aus dem KZ Neuengamme bei Hamburg und einigen der geräumten Außenlager im Bremer Raum. Innerhalb kürzester Zeit starben etwa 3.000 Häftlinge auf dem Weg nach Sandbostel, im Lager und auch noch kurz nach der Befreiung an Erschöpfung, Mangelversorgung, Krankheiten und durch direkte Gewalt der Wachmannschaften.

 

Befreit wurden die Kriegsgefangenen und die KZ-Häftlinge am 29. April 1945 von Einheiten der britischen Armee.